Was zu Zeiten des Bayerischen Königs gedacht war soll nach rund 130 Jahren Wirklichkeit werden
Thann-Matzbach (rob). Räder rollen am besten auf festem Boden – mit Hilfe eines Bohrzuges untersucht die Bahn derzeit den Untergrund für den zweigleisigen Ausbau zwischen Markt Schwaben und Ampfing. Zwischen Hörlkofen und Markt Schwaben ruht der Schienenverkehr abschnittsweise an den Wochenenden bis zum ersten April. Die Kunden müssen in den Schienenersatzverkehr.
Rund um die Uhr und im Schichtdienst setzt die Bahn jeweils von Freitagabend bis in den frühen Montagmorgen zwei eigens zusammengestellte Bohrzüge ein. Bohrgerät wird dafür auf einen herkömmlichen Flachwaggon installiert. Ihre Aufgabe sind Untergrund-Untersuchungen für den zweigleisigen Ausbau der Strecke derzeit zwischen Ampfing und Markt Schwaben.
Kurz und effektiv: Einer der beiden Bohrzüge steht am Sonntagmittag kurz vor dem Bahnhof Thann-Matzbach. (Fotos: Robert Attenhauser)
Derzeit bohrt die Bahn im Abschnitt bei Thann-Matzbach in bis zu 30 Meter Tiefe, zwischen den Schienenschwellen und teilweise im Gleisumfeld. 1200 Bohrungen stehen auf der Ausbaustrecke auf dem Programm, erklärt Bahn-Projektleiter und Bauingenieur Klaus-Peter Zellmer aus Polling bei der Bauvorstellung am Sonntag kurz hinter dem Bahnhof Thann-Matzbach. Dazu kommen weitere 900 Sondierungen der Bodenfestigkeit und etwa 70 Wasser-Messstellen.
Die Bohrkerne mit jeweils einem Meter Länge werden auf die Zusammensetzung und Feuchtigkeit geprüft - wo sind weiche Böden, wo wasserführende Schichten. Die Länge aller Bohrkerne am Ende: 9000 Meter. Die Dauer einer Bohrung bis in zwölf Meter Tiefe dauert etwa sechs Stunden. Um die Arbeiten zu sichern, waren etliche Vorbereitungen notwendig, beispielsweise die Analyse der Lage möglicher Bomben-Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg anhand alter Fotografien.
Der Auftrag Zellmers auf lange Sicht: der zweigleisige, elektrifizierte Ausbau bis zum Jahr 2030. Die Gewährleistungsdauer: 100 Jahre. Auch die Bodenstabilität soll Zuggeschwindigkeiten bis zu 160 Stundenkilometer ermöglichen. Derzeit kann maximal mit 120 km/h gefahren werden. Die Arbeiten gehen gut voran, die Bahn hatte den Bereich zwischen Ampfing und Dorfen schon im vergangenen Jahr untersucht.
Zwischen zwei Waggons und Schwellen werden aus bis zu 30 Meter Tiefe Bohrkerne entnommen.
Ein weiterer Aspekt der Bodenuntersuchungen: durch die Kenntnis der Ergebnisse kann die Bahn den Ausbau-Preis taxieren. Zellmer schätzt die Gesamtkosten der Ausbaustrecke ABS38 derzeit auf 1,6 Milliarden Euro. Das zweite Gleis wird nördlich des bestehenden verlegt. Die aktuellen Untersuchungen kosten die Bahn elf Millionen Euro.
Zwischen den Schwellen führt ein Rohr in den Gleisuntergrund.
Wenn Baurecht erteilt wurde, kalkuliert Zellmer mit mehreren parallel laufenden Bauabschnitten auf den verbleibenden 40 Kilometer Ausbaustrecke. Je Abschnitt sind drei Jahre eingeplant. Ziel der Bahn ist eine zweigleisige und elektrifizierte Strecke bis Freilassing.
Nach Bahnangaben zählt das Beschaffen von Baugrund nicht zu den Problemen beim Ausbau. Ein großer Teil gehöre bereits dem Bund.
Genehmigungstechnisch greift die Bahn mit den Bohrungen bereits nach der Leistungsstufe drei von insgesamt sieben. Möglich wird dies, nachdem der Bund dies genehmigt hatte, um den Ausbau schneller voranzutreiben. Offiziell steht der Beginn der dritten Leistungsphase mit der Entwurfsplanung in diesem Jahr erst bevor. Bis dahin wird gebohrt. Und was, wenn die Bahner beim Bohren auf Öl stoßen? Die prompte Antwort der Bahner: „Dann ist die Strecke bezahlt!“
Weitere Infos zur Ausbaustrecke ABS 38 gibt es auf dieser Website:
(Der Artikel ist erstmals in Regionalzeitungen im Februar 2017 erschienen.)
Ein Bohrspezialist entnimmt den Bohrkern und sichert die Proben Meter für Meter in speziellen Behältern – die Feuchtigkeit darf für die Untersuchung nicht verdunsten.
So kann es tief unter dem Gleis aussehen: ein frisch nach oben geholter Bohrkern.